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Eine schlesische Rheinländerin

Matilda Dobis beim Interview im_mobilen Aufnahmestudio in Salzgitter im September 2012
Matilda Dobis beim Interview im mobilen Aufnahmestudio in Salzgitter im September 2012

Eine schlesische Rheinländerin

Matilda Dobis wird 1948 in der Nähe von Opole in Schlesien geboren und wächst zunächst in einem deutsch geprägten Umfeld auf. Eigentlich wollten ihre Eltern sie Hildegard nennen. Der Standesbeamte erlaubt den deutschen Namen aber nicht und trägt kurzerhand Matilda in die Geburtsurkunde ein.

Später soll auch in der Grundschule nur noch Polnisch gesprochen werden, was die junge Schülerin irritiert: „Ich wusste dann in der Schule nicht, was ich bin. Alle riefen mich Hilde und ich musste Matilda schreiben.“

Nach dem Besuch des Gymnasiums studiert sie in Wrocław Geographie und Geschichte auf Lehramt. Dort herrscht zwar ein offeneres Klima, kritische Äußerungen sind jedoch auch hier unerwünscht. Da sie nicht in die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei PZPR eintreten möchte, hat sie keine Aussicht darauf, ihren Berufswunsch zu verwirklichen – „Ich wusste, in Polen werde ich keine Lehrerin.“ Deshalb, und wegen ihrer Vorliebe für die deutsche Sprache, hegt Matilda Dobis schon länger den Wunsch, nach Westdeutschland auszusiedeln. 1977 wird ihr Ausreisewunsch akut: „Ich war schwanger, und ich wollte, dass mein Kind in Deutschland geboren wird.“

Auf Grund von vorangegangenen Lockerungen der Reisebestimmungen kann sie relativ problemlos eine Besuchsreise zu einem Onkel in Westdeutschland antreten, von der sie nicht nach Polen zurückkehrt. Stattdessen fährt sie, nur mit ein paar Dokumenten im Gepäck, mit dem Zug über Berlin nach Friedland. Bei ihrer Ankunft ist sie noch sehr nervös und ängstlich, doch schon bald fühlt sie sich in Friedland willkommen: „Die Beamten waren so freundlich, das kannte ich nicht aus meiner Heimat.“ Besonders das Frühstück im Grenzdurchgangslager bleibt ihr in guter Erinnerung – „Das hat so gut geschmeckt!“

Da sie nach Köln in die Nähe ihrer Verwandten ziehen möchte, muss sie nach ihrem Aufenthalt in Friedland noch in das nord­rhein-west­fä­lische Durchgangslager in Unna Massen, bevor ihr eine Wohnung in Köln zugeteilt wird – „Der Ausweis öffnete alle Türen.“ Bei einem Sprachkurs und durch ihren Sohn knüpft sie schnell neue Kontakte und Freundschaften. Nachdem sie ihr Hauptstudium in Köln abgeschlossen hat, arbeitet sie 15 Jahre lang als Lehrerin. Heute lebt Mathilda Dobis in Köln und arbeitet als selbständige Yogalehrerin. Sich selbst bezeichnet sie als „echte schlesische Rheinländerin.“
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